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EPIPHONE RIVIERA 1967
„Das genial lyrische Schattengewächs !“
In den frühen 70’ern, als der Krautrock zu seinen schillernsten klanglichen und optischen Facetten
fand, war eine seiner Sternstunden die Band „Kraan“ mit ihrem für
deutsche Verhältnisse definitiven Ausnahme-Gitarristen Peter
Wohlbrandt. Zur Eigenständigkeit fanden damals einige Musiker, doch was
Peter vor Allem Live auszeichnete, war seine zusätzliche Virtuosität
und seine „Funkyness“, irgendwo zwischen Bebop und Hendrix’ „Rainbow
Bridge“-Phase angesiedelt. Dazu passend gab’s einen Ausnahme Player :
eine 67er Epiphone Riviera !
In der Nische
Beide,
sowohl die 67er Riviera mit Bigsby Tremolo, wie auch Peter Wohlbrandt,
haben trotz ihres erstaunlichen Potentials es nicht zu Weltruhm
gebracht. Klassiker wurden aus der damaligen Epiphone Palette die
Semiakustik-Modelle „Casino“ und „Sheraton“. Die “Casino“ ist ein „must
have“ für alle Beatles-Beflissenen und unterscheidet sich durch die
P-90 Bestückung von der „Riviera“ der 60er, die wahrscheinlich auch
viel gespielt wurde, aber keinen passenden Gitarrenhelden fand. Da wäre
der Stereotypen-freie, hochegabte Wohlbrandt eine gute Wahl gewesen,
wenn er denn nur internationale Präsenz erlangt hätte. Die Kraan-Gigs damals waren eine Offenbarung für mich als Progrock Fan. Endlich mal eine deutsche Band, die groovte samt eigenwilligem harmonischen Konzept. So gab’s diese spezielle
eigenständige Melodik, die von guten Solisten gekonnt abgefeiert wurde,
eingebettet in einen untypisch deutschen an mongolischen Steppenblues
erinnernden pulsierenden Groove von Hattler und Friede (Peter’s
Bruder). Peter Wohlbrandt’s Spiel war frei von Rock noch
Blues-Klischees und erinnerte höchstens mal entfernt an Larry Corryell
oder Jimi Hendrix, indem er gekonnt die Balance zwischen flächiger oder
funky Begleitung und Groove stützenden Soli hielt. Genau das, was
die Epiphone Riviera gut bedient! Sie klingt schlanker als die üblichen
Verdächtigen des klassischen Gibsonkatalogs, die bekannten ES Modelle. Bestens
geeignet für schwebende Klänge und akzentuierte solistische Lines
fernab der „Womantones“, liefert das Instrument spritzig kernige bis
leicht „stratige“ P-90 Sounds im nicht Brumm-anfälligen Minihumbucker-Format. Peter Wohlbrandt schöpfte dieses Potential
voll aus indem er sich mittels eines Orange 100 Watt Tops und 4x12 Box
einen nicht allzu vorverzerrten Sound mit WEM Copycat Echo in die
Enstufen-Saturation bewegte. Wohlbrandt spielte parallel auch eine Telecaster mit Rosewoodneck, schätze jetzt mal 67/68er Jahrgang. Dieses Nebeneinander lud mich schon beim ersten Gig, den ich von den Jungs sah, zu Vergleichsbetrachtungen ein, wobei ich die EPI favorisierte, da sie weniger spitz klingend alles
Solistische in jedem Fall besser featurete. Für Peter, wie für jeden
Anderen, der zur damaligen Zeit die Fender und Gibson-Welt kombinierte,
tat sich an dieser Stelle ein Dilemma auf. Die spielerische
Umgänglichkeit der Gibsonplayer gegenüber der Durchsetzungskraft der
Fender Instrumente. Ich unterhielt mich damals öfter mit Peter, und es
wurde schnell klar, daß er sich kaum für eins der beiden Instrumente
entscheiden konnte. Er spielte wohl lieber auf der Tele, was auch
verständlich ist angesichts der damaligen Monitortechnik. Man war froh,
wenn man von seiner rückwärtig stehenden Bühnenanlage mit ein paar
Höhen mehr beschallt wurde. Da war die Tele mit ihrer direkten Präsenz
natürlich angenehmer, allerdings nicht für’s Publikum, das natürlich
die ganze Bündelung der 4x12 Box ab bekam. Die Riviera versah
Wohlbrandt’s Spiel mit einem absolut adäquaten Bottom ohne den Sound zu
verwaschen. Ich habe ihn immer beneidet um das gute Stück, von dem er
sich schon seit etlichen Jahren getrennt hat. Ich selbst suchte auch
schon ein paar Jahre nach diesem lyrischen Schattengewächs, dem sowohl
der Kühle einsamer Nordlichter als auch die Hitze nach Entgrenzung strebender Energien innezuwohnen scheinen.
Gut und richtig
Vor
garnichtmal so langer Zeit bin ich tatsächlich fündig geworden. Ein
original 67er Player in Threetone Sunburst und unverändertem
Original-Zustand wurde von Gregor Hilden aufgeschnappt und angeboten.
Allein auf Grund der Tatsache, daß er so ein relatives
Outsider-Instrument anbietet, muss ich den exquisiten Bluesspieler
hochloben. Die Riviera ist mit dem guten alten Bigsby plus Andruckrolle ausgerüstet. Ich liebe dieses Schweben im Akkordspiel. Der Steg ist wie alle Instrumente der Gibson-Produktion mit den obligatorischen Nylonreitern ausgestattet. Die Umrüstung auf Nickel macht hier Sinn, erreicht man doch ein freieres Schwingen dieses großartigen Saitengeräts. Das Pickguard mit
dem runden E ist mir abgeschraubt lieber, die für die 60er typischen
Potiknöpfe mit den „Volumne“ und „Tone“ Etikettierungen auf
gespiegelter Oberfläche dürfen gerne bleiben. Auch die Original Kluson Mechaniken laufen noch gut mit. Absolut
erstaunlich, wie die Riviera die von mir in der Jugend allein
durchs Hören verinnerlichten Qualitäten aus dem Stand heraus auspielt,
vorausgesetzt man verfällt nicht in B.B. King oder Larry Carlton Blues-typisches. Aufgrund der Werksmäßigen Out of Phase- Schaltung
lässt sich zwar in der Zwischenposition die bekannte B.B. artige
Verengung des Klangmaterials herstellen, doch in ihrer Basis-Dimension
liegt die Gitarre eben woanders. An dieser Stelle ist für mich
unverständlich, daß Leute oft nach den raren mit normalen Humbucker
bestückten Epiphones Ausschau halten. Das hat man mit den Gibsons doch
in ausreichender Form ! Das Spezielle und Interessante ist doch gerade
diese Minihumbucker-Spielart. Was in diesem Zusammenhang auch
auffallend gut und richtig funktioniert, ist die Verwendung eines
Fuzzface. Vor einen alten Marshall oder einen modernen Retro-Gladius
geschaltet finden sich schnell Einstellungen, die den Poti-Regelweg an
der Gitarre äußerst effektiv werden lassen. Bei 4 ergibt sich ultra
clean, bis 8 kontinuierliche Verdichtung und bei 10 ein nicht
matschiger voll saturierter Leadsound, besser noch als mit einer Strat,
wirklich beeindruckend, da man nicht irgendwelche Kanäle oder Booster
schalten muss, um gewünschte Veränderungen zu realisieren. Diese Sounds
sind für New Jazz europäischer Coleur gleichermaßen prädistiniert wie
für die Space-Country Klänge eines Bill Frisell. Aber auch die
Minihumbucker-Welt eines Pete Townshend’s lässt mit minimalem Equipment
leicht erschliessen. Entweder reine Röhrenkompression oder
Kompressorpedale auf einen Marshall geschaltet bieten hier intensive Breitwanderlebnisse, denn die Riviera ist auf Grund ihres Schwingungsverhaltens ein wunderbar erdiger und lebendiger Spielpartner. Das, was ich von Peter Wohlbrandt kenne, liegt dem Instrument natürlich ungemein nahe. Alles minimal Angezerrte und Röhrig-Komprimierte ermöglicht eine sehr akzentuierte und variabele Spielkultur, die gerne auf Highgain verzichtet und rhythmischen Einsatz fordert und folgerichtig
fördert. Der schlanke Hals im D-Profil lädt zur Spielfreude und zum
spontanen Austausch mit anderen Musikgeistern ein - das reine
Abspulen von draufgeschafften Arrangments wäre diesem inspirierenden
Instrument zu langweilig, genauso wie die ewige Bluesphrasen -Leier im Hamsterrad amerikanisierender Musikkultur !
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